Trauer braucht Raum

Arbeitskreis Sternenkinder setzt sich für Familien nach Fehl- und Totgeburten ein

Höxter. "Ich habe eine 80-jährige Frau gesehen, die um ihr Kind geweint hat, das vor 60 Jahren tot zur Welt kam. Der Schmerz sitzt tief," erzählt Cécile Droste, Psychologin und Coach. Sie gehört zum Arbeitskreis Sternenkinder, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, auf die Situation von Familien nach Fehl- oder Totgeburten aufmerksam zu machen – und Hilfsangebote zu schaffen.

"Leider gibt es in der Gesellschaft und oft auch in den eigenen Familien wenig Raum für Trauer um diese Kinder, die häufig gar nicht geboren und gesehen werden," meint Pastorin Friedhilde Lichtenborg, Seelsorgerin am Klinikum Weser-Egge, die den Facharbeitskreis leitet.

Machen auf Angebote für Familien nach Tot- und Fehlgeburten aufmerksam (von links): Gaby Moreau (Kinder-Palliativfachkraft), Cécile Droste (Psychologin), Friedhilde Lichtenborg (Klinikseelsorgerin), Marie-Luise Bittger (Gemeindereferentin), Birgit Konermann und Heike Molitor (beide Trauerbegleiterinnen) vom Arbeitskreis Sternenkinder, hier in der Kapelle des St. Ansgar Krankenhauses Höxter.

Wie eine Gewitterwolke über den Familien

Die Gruppe besteht aus Trauerbegleiterinnen, betroffenen Müttern, Palliativpflege-Fachkräften, Psychologinnen, Theologinnen und  Seelsorgerinnen. Sie alle bieten Unterstützung für die aktuelle Krisensituation und die "Zeit danach" an, damit sich die Trauer ihren Weg bahnen kann. Es ist wichtig, den Schmerz zuzulassen und der Trauer ihren Raum zu geben – so früh wie möglich, ist sich der Arbeitskreis einig.

Vor allem auch Geschwisterkinder leiden, wenn sie nicht offen in den Trauerprozess mit einbezogen werden. Sie wissen nicht, warum Mama plötzlich so traurig ist und beziehen es im schlimmsten Fall auf sich selbst.

Birgit Konermann

Trauerbegleiterin beim Ambulanten Hospiz- und Palliativdienst Kreis Höxter

„Wenn das vermieden und nicht bearbeitet wird, hängt es oft jahre- und jahrzehntelang wie eine Gewitterwolke über den Familien. Vor allem auch Geschwisterkinder leiden, wenn sie nicht offen in den Trauerprozess mit einbezogen werden. Sie wissen nicht, warum Mama plötzlich so traurig ist und beziehen es im schlimmsten Fall auf sich selbst“, sagt Birgit Konermann vom Ambulanten Hospiz- und Palliativdienst, der Einzelgespräche und jeden dritten Montag im Montag auch einen "Gesprächskreis für Eltern, die ein Kind durch Fehl- oder Totgeburt verloren haben" anbietet. „Die betroffenen Frauen sind oft zusätzlich von Scham- und Schuldgefühlen belastet. Hier hilft es, sich nicht alleine zu fühlen und in Gemeinschaft zu trauern.“

Gemeinsam Abschied nehmen

Für die im St. Ansgar Krankenhaus fehlgeborenen oder totgeborenen Kinder, deren Geburtsgewicht unter 500 Gramm lag, bietet der Arbeitskreis "Trauer um fehlgeborene Kinder" vierteljährlich Bestattungsfeiern auf dem Friedhof "Am Wall" an. Dort können Familien und Angehörige gemeinsam Abschied nehmen. Eine Engelsstatue mit beschrifteten Gedenksteinen erinnert an die bisher bestatteten Kinder.

Jedes Leben ist wertvoll, und zwar von Anfang an. Das ist unsere Botschaft

Heike Molitor und Marie-Luise Bittger

Traubegleiterinnen beim Arbeitskreis "Trauer um fehlgeborene Kinder"

Der Arbeitskreis lädt auch Frauen und Männer ein, deren Kind vor langer Zeit verstorben ist und für die es keine Grabstelle gibt, an einer Bestattungsfeier teilzunehmen. „Jedes Leben ist wertvoll, und zwar von Anfang an. Das ist unsere Botschaft“, sagen Heike Molitor und Marie-Luise Bittger, die die Abschiedsfeiern mitorganisieren und -gestalten.

Die Broschüre "Familien- und Sterbebegleitung bei Kindern" steht als PDF zum Download zur Verfügung.

Für sogenannte "stille Entbindungen" steht im St. Ansgar Krankenhaus ein speziell ausgebildetes Team zur Verfügung. Darüber informiert die Broschüre "Familien- und Sterbebegleitung bei Kindern". "Für tot geborene Kinder gibt es auch das Angebot, einen ehrenamtlichen Sternenfotografen zu rufen, der Fotos macht, die eine greifbare Erinnerung schaffen und die Eltern in ihrem Trauerprozess unterstützen können.

Gedenktag am 13. Dezember

Seit einigen Jahren erinnert auch ein internationaler Gedenktag an verstorbene Kinder. Beim Candle-Lighting-Day am zweiten Sonntag im Dezember zünden betroffene Eltern weltweit um 19 Uhr eine Kerze an und stellen sie gut sichtbar ins Fenster. Durch die Zeitverschiebung von jeweils einer Stunde erlöschen die Kerzen in einer Zeitzone und werden in der nächsten entzündet. Dadurch entsteht der Eindruck einer Lichterwelle, die in 24 Stunden einmal um die gesamte Erde wandert.

Wegen der aktuellen Corona-Situation kann der angekündigte Gottesdienst in der Marienkirche Höxter zum internationalen Gedenktag nicht durchgeführt werden. Die Mitglieder des Arbeitskreises Sternenkinder werden stellvertretend auf dem Grabfeld am Wall Kerzen für verstorbene Kinder anzünden.

Für weitere Informationen und Fragen steht Friedhilde Lichtenborg, Krankenhausseelsorgerin am St. Ansgar Krankenhaus zur Verfügung. Weitere Infos gibt es auch unter www.grabfeld-hoexter.de

Kontakt

Friedhilde Lichtenborg
Pfarrerin, evangelische Klinikseelsorgerin

Tel.: +49 (5271) 66 - 18 1701

f.lichtenborg@khwe.de

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